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Buch: „Social-Media-Profile in Psychotherapie, Beratung und Coaching“
Buch: „Social-Media-Profile in Psychotherapie, Beratung und Coaching“

Buch: „Social-Media-Profile in Psychotherapie, Beratung und Coaching“

Heute möchte ich mal wieder ein Buch vorstellen. Ich habe es selbst gekauft und es gibt keine Kooperation oder Provision oder ähnliches.
„Social-Media-Profile in Psychotherapie, Beratung und Coaching – Soziale Medien professionell und ethisch nutzen“ von Julia Neumann, Tina Steckling, Jana Heimes und Hannah Elsche erschien in erster Auflage 2022 im Beltz- Verlag.

Beltz Verlag


Ich habe es mir gekauft, weil ich unsicher war, wie ich mein erstes und einziges Social-Media-Profil gestalten wollte.

Meine Hoffnung war, sachliche und unaufgeregte Informationen dazu zu bekommen, wie ich als Einsteigerin einen professionellen, öffentlichen Auftritt gestalten könnte.
Diese Hoffnung wurde bei Weitem übertroffen. Ich könnte mir keinen Aspekt zum Social-Media-Auftritt vorstellen, der in diesem kurzweiligen, kompakten und präzisen Werk nicht behandelt wurde, auch wenn ich mir in manchen Textabschnitten vielleicht noch ein etwas konsequenteres Lektorat gewünscht hätte (wer übrigens in meinen Texten Vertipper oder Rechtschreibfehler findet, ist herzlich eingeladen, sie mir hier mitzuteilen!).

Kernaussagen

Im Folgenden möchte ich einige Aspekte aus dem Buch schildern, die mir wichtig erscheinen.

Als wichtigsten Hinweis, der zwar selbstverständlich klingt und sein sollte, empfinde ich die Prüfung eines Beitrages oder einer Aktivität auf therapeutische Abstinenz. Die Vielschichtigkeit dieses Aspektes hätte ich selbst sicherlich erst nach vielen Jahren und Fehltritten annähernd verstanden und bin froh, dass ich durch die Beschäftigung mit diesem Thema vielleicht den einen oder anderen Schaden von Patienten abwenden kann, bevor er entsteht.

„Definition Abstinenz: Abstinenz in der Psychotherapie bedeutet, dass das therapeutische Setting klar begrenzt ist und einzig der Besserung der Patient:innen dienen soll. Andere Wünsche und Motive auf Seiten der Therapeut:innen, die der Behandlung schaden könnten, müssen außen vor bleiben (Mertens, 2014)“

(zitiert von S. 39)

Weiterhin empfand ich die Anwendung der vier medizinethischen Grundprinzipien (in Anlehnung an Beauchamps & Childress, 2008, genutzt in der Berufsordnung für Psychologische Psychotherapeut:innen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut:innen) sehr plausibel und passend. Diese sind

  • Schaden vermeiden,
  • die Autonomie der Patient:innen respektieren
  • Nutzen mehren
  • Gerechtigkeit und Gleichheit anstreben.

Wenn diese Grundprinzipien auf die Social-Media-Welt übertragen werden, ergeben sich daraus schon gute „Leitplanken“, die helfen können, geplante Aktivitäten zu prüfen. Außerdem finde ich diese Fragen hilfreich: Warum poste ich das? Ist der Inhalt für Follower:innen, Patient:innen, Kolleg:innen, Supervisor:innen und andere Lesende gleichermaßen angemessen? Welche meiner eigenen Bedürfnisse befriedige ich mit diesem Post? Wie wirkt dieser Post, auch in Zusammenschau mit meinen anderen Aktivitäten, auf die Übertragungsmuster meiner Klient:innen?

Ebenso hilfreich finde ich Formulierungshilfen beispielsweise für Absagen, Reaktionen auf Kommentare oder Kooperationsanfragen.

Auch schwierigere Themen wie Umgang mit Suizidalität, Cybermobbing, Cyberstalking, Catfishing, sexuelle Übertragung/Gegenübertragung, sexuelle Übergriffe und andere, auch rechtlich relevanten Punkte werden adäquat und mit konkreten Hinweisen behandelt.

Und ich werde auf jeden Fall versuchen, die Frage „Würde ich das auch in der Praxis machen?“ mitzudenken und mich im Zweifel gegen den Post entscheiden.

So könnte ich die Liste noch fortsetzen, in der Gefahr, dass ich das Buch abschreibe- auf fast jeder Seite hatte ich kleinere und größere Aha-Momente.

Kritik

Zwischendrin hatte ich allerdings bei der Lektüre das Gefühl, dass es eigentlich unmöglich ist, ein professionelles Social-Media-Profil zu pflegen, das mindestens folgende Kriterien erfüllt:

  • fachlich und sachlich korrekt zu informieren
  • keine (berufs-)rechtlichen oder medizinethischen Grenzen zu übertreten,
  • bildsprachlich und inhaltlich neutral aber optisch ansprechend Inhalte zu präsentieren,
  • einen Nutzen für die Mehrzahl der Rezipient:innen zu bringen,
  • niemandem zu schaden,
  • nicht zum Hauptberuf zu werden; (*Reihenfolge der Auflistung ist nicht gewichtend)

Und dabei immer selbstreflektiert zu bleiben, den eigenen Narzissmus im Blick zu behalten und Social Media nicht zur Befriedigung eigener, unbewusster Bedürfnisse zu benutzen – ganz schön herausfordernd!

Aber auch hier haben die Autorinnen ein feines Gespür gezeigt, denn auch dies wurde thematisiert und eingeordnet.

Ich fühlte mich danach ermutigt, es zumindest auszuprobieren.

Also: vielen Dank an die Autorinnen!

Weitere Buchvorstellungen sind hier zu finden.